Gedenkorte der FIR – Dokumentation erschienen

5. Juli 2021

Aus Anlass des 70jährigen Jubiläums der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten erschien eine umfassend bebilderte über 100seitige Dokumentation zu FIR-Gedenkorten. Gemeint sind Gedenkstätten und Gedenksteine zu Außenkommandos von Konzentrationslagern, zur Erinnerung an Frauen und Männer aus dem antifaschistischen Kampf, zur Erinnerung an Opfer der Todesmärsche oder an Zwangsarbeiter und sowjetische Soldaten, auf denen das Symbol der FIR zu sehen ist.

Alle bisher bekannten Gedenkorte befinden sich auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, die meisten in Brandenburg, Sachsen und Thüringen. Viele dieser Orte sind auch heute noch Teil der lebendigen Gedenk- und Erinnerungskultur der antifaschistischen Organisationen der Zivilgesellschaft. Andere sind etwas in den Schatten getreten. In dieser Dokumentation wird aber auch an „verschwundene Gedenkorte“ erinnert, die im Zuge der politischen Wende nicht nur das FIR-Symbol verloren haben, sondern auch politisch umgewidmet wurden.

Thematisch ergänzt werden die Bilder und Ortsbeschreibungen durch eine umfangreiche Einführung zur Geschichte und Entstehung dieser Gedenkorte und Überlegungen, welche Bedeutung Gedenkstätten und Gedenksteine heute für nachgeborene Generationen haben können. Ein kurzer Text zur Geschichte der FIR rundet die Dokumentation ab.

Wer Interesse an dieser Veröffentlichung hat, kann Einzelexemplare gegen 5,00 € Schutzgebühr (zuzüglich Versand) entweder über den VVN-Shop https://shop.vvn-bda.de/index.php/buecher/ulrich-schneider-fir-gedenkstaetten-zu-antifaschistischem-widerstand-und-verfolgung.htmloder direkt bei der FIR, Magdalenenstr. 19, 10365 Berlin (E-Mail: office@fir.at) beziehen.

Wir feiern 70 Jahre FIR

1. Juli 2021

Vom 30. Juni bis 3. Juli 1951 fand in Wien der Internationale Friedenskongress der Widerstandsbewegung statt. Das war die Geburtsstunde der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR), der Dachorganisation ehemaliger Partisanen, Deportierter und Verfolgter des Naziregimes aus allen Ländern Europa.

Seit 70 Jahren ist Internationalismus die Antwort auf die nationalistische und chauvinistische Ideologie der jeweiligen faschistischen Herrschaft. Darüber hinaus waren und sind faschistische Ideologie und Politik, Rassismus und imperialistischer Expansionismus eine direkte Bedrohung für alle Völker. Sie konnten und können nur im gemeinsamen Kampf aller von diesen Regimen bedrohten Länder und Völker bekämpft werden. Und wir vergessen auch nicht, dass die faschistische Barbarei nur durch den gemeinsamen Kampf der Völker und insbesondere der Armeen der Anti-Hitler-Koalition geschlagen werden konnte.

Die Frauen und Männer aus Widerstand und Verfolgung wollten in ganz Europa den Prozess der demokratischen Neugestaltung mit politischer Stimme unterstützen. Zu diesem Zweck fanden sich unmittelbar nach der Befreiung Vertreter von Organisationen der politischen Häftlinge und Widerstandskämpfer aus 17 europäischen Ländern aus Ost und West zusammen, um im Februar 1946 in Warschau die FIAPP (Fédération Internationale des Anciens Prisonniers Politiques, Internationale Föderation ehemaliger politischer Gefangener) zu gründen. 1948 wurden auch die Antifaschisten aus Deutschland und Österreich in diese Gemeinschaft aufgenommen.

Der Kalte Krieg ging auch an der FIAPP nicht spurlos vorbei. Statt die Einheit der Widerstandskämpfer zu fördern, drohte ein Auseinanderdriften der politischen Kräfte des Antifaschismus. Daher wurde Anfang der 50er Jahre ein neuer Ansatz unternommen, die unterschiedlichen Positionen und Organisationen ehemaliger Widerstandskämpfer und Deportierter im Interesse der politischen Wirksamkeit der Stimme der Widerstandskämpfer in ganz Europa zusammenzuführen, denn die Aufbruchseuphorie des antifaschistischen Neubeginns war durch die Realität der zunehmenden Restauration und Remilitarisierung, der Ost-West-Spannung und zunehmenden Kriegsgefahr verflogen. Ende Juni 1951 luden die Überlebendenverbände zu einer internationalen Friedenskonferenz nach Wien ein.

In dieser Situation – so beschrieb es Oskar Wiesflecker , langjähriger Generalsekretär der FIR – erkannten die Menschen, die im antifaschistischen Widerstand und nationalen Befreiungskampf gegen die nazistischen und faschistischen Aggressoren und Okkupanten aktiv teilgenommen und Leid und Verfolgung auf sich genommen hatten, dass der Zusammenschluss der europäischen Widerstandskämpfer ein Gebot der Stunde war, um der Wiedergeburt des Nazifaschismus entgegenzutreten, über die wiedererrungenen demokratischen Freiheiten zu wachen, die Werte der, Widerstandsbewegung zu verteidigen und jene Prinzipien zu stärken, die die Basis der Gründung der Organisation der Vereinten Nationen war. Dies war der Geist, aus dem die FIR geboren wurde und dem sie bis heute ihre unverbrüchliche Treue bewahrt hat.

Mit der Gründung der Organisation im Sommer 1951 in Wien übernahm die „Internationale Föderation der Widerstandskämpfer“ (FIR) die Aufgabe, die politischen Vorstellungen und Visionen der Widerstandskämpfer „Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“ zu vertreten. Sie vertrat die Opfer des Faschismus in ihren sozialen und medizinischen Ansprüchen und sie arbeitete für das Gedenken an den Widerstandskampf und die illegalen Widerstandsgruppen in vielen Ländern.

Es ist hier nicht der Platz, alle politischen Handlungsfelder in den vergangenen Jahrzehnten aufzulisten. Dazu gehörte die Verbreitung des Wissens über die Geschichte des Widerstandskampfes, was mit verschiedenen Geschichtskonferenzen und mehreren Heften der Widerstandsbewegung, sowie pädagogischen Beratungen mit Wissenschaftlern, Lehrkräften und Hochschullehrern versucht wurde. Dazu gehörten der Kampf um Frieden und Entspannungspolitik, sowie der Einsatz für Rüstungsbegrenzungs- und Abrüstungsinitiativen nicht nur in Europa, sondern auch im Nahen Osten. Dazu gehörte die politische Solidarität gegen die Verfolgung antifaschistischer Verbände und ihrer Mitglieder, was in der Unterstützung der deutschen VVN gegen deren Verbotsprozess 1962 erfolgreich war, und sich in internationalen Solidaritätsaktionen für verfolgte griechische Antifaschisten oder gegen Berufsverbote in der BRD niederschlug. Dazu gehörte die breite Mobilisierung gegen Geschichtsrevisionisten aus den ehemaligen SS-Verbänden, die mit Traditionstreffen zur Rehabilitierung des NS-Regimes beitrugen.

Seit 2004 trägt die Organisation den Namen „Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten“. Heute hat die FIR Mitgliedsorganisationen in mehr als 25 europäischen Ländern, Israel und Lateinamerika. Die politischen Umstände haben sich verändert, aber die zentrale Aufgabe ist in der Losung „Nie wieder!“ fixiert.

Das bedeutet die Bewahrung der historischen Wahrheit über den Widerstandskampf, über die Realität des Faschismus und die Rolle der Antihitlerkoalition, der alliierten Streitkräfte – unter ihnen die sowjetischen Soldaten, die die Hauptlast des Krieges trugen – bei der Zerschlagung der faschistischen Barbarei.

Die FIR und ihre Mitgliedsverbände handeln als internationales Netzwerk vor Ort und auf europäischer Ebene gegen Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, Xenophobie, Neofaschismus, Nationalismus und Rechtspopulismus. Sie unterstützen Gruppen und Netzwerke, die sich gegen solche Entwicklungen stellen.

Die FIR als „Botschafter des Friedens“ der Vereinten Nationen ist in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder für nichtmilitärische Lösungen in Konflikten in der Welt eingetreten. Sie handelt sowohl gegen Kriegsursachen als auch gegen Kriegshetzer, die ihre imperialistischen Ziele, ihren Rohstoffbedarf und ihre geopolitischen Interessen durchsetzen wollen, und Militärbündnisse, die sich als „Weltpolizei“ betrachten.

Die Stärke der FIR ist ihre Gemeinsamkeit, die sich trotz unterschiedlicher politischer Orientierung, gesellschaftlicher Visionen oder religiöser Werte ergibt. Jeder Weg zum Antifaschismus ist in der FIR willkommen. Diese Einheit muss immer wieder erneuert werden, gerade jetzt, wo die Generation der Überlebenden uns verlässt. Alle Mitgliedsverbände sind aufgerufen, ihre Struktur für heutige Generationen zu öffnen. Alle Mitgliedsverbände sind herausgefordert, die Ideale des antifaschistischen Erbes mit den Generationen der heutigen Zeit zu teilen, die ihre eigenen Themen und Perspektiven in die politischen Auseinandersetzungen einbringen.

Basierend auf der Gemeinsamkeit des Kampfes gegen den Faschismus bewahren die Verbände der FIR das Vermächtnis der Überlebenden und treten auch im nächsten Jahrzehnt ein für Frieden, politische und soziale Menschenrechte und Demokratie, „eine neue Welt des Friedens und der Freiheit“.

Die FIR-Verbände erinnerten an den Überfall auf die Sowjetunion

23. Juni 2021

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Der 80. Jahrestag des Hitlerfaschistischen Überfalls auf die Sowjetunion wurden von der FIR und ihren Mitgliedsverbänden zu vielfältigen Gedenkveranstaltungen genutzt.  

Trotz aller Pandemie bedingten Einschränkungen fanden selbstverständlich in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion öffentliche Ehrungen statt. Gemeinsam mit dem belrussischen Veteranenverband versammelten sich mehrere hundert Menschen am 22. Juni in den frühen Morgenstunden in Brest an der Gedenkstätte, um die Verteidiger dieser „Heldenfestung“ zu ehren. Natürlich fanden in Russland und auch in der Ukraine Kranzniederlegungen und öffentliche Gedenkveranstaltungen statt.

Aber auch in vielen anderen Ländern wurde von antifaschistischen und Veteranenverbänden an dieses Ereignis öffentlich erinnert. Gemeinsam mit der FIR organisierte der italienische Partisanenverband ANPI eine internationale historische Konferenz per Video, auf der italienische, russische und deutsche Historiker dieses historische Ereignis politisch einordneten. FIR-Präsident Vilmos Hanti eröffnete die Konferenz mit einem politischen Grußwort (siehe unten) und ANPI Präsident Gianfranco Pagliarulo formulierte zum Abschluss politische Konsequenzen für die antifaschistische Arbeit heute. Die Konferenz kann als Livestream auf der Facebook-Seite von ANPI nachvollzogen werden. Das Referat des FIR-Generalsekretärs kann per E-Mail (office@fir.at) nachgefragt werden.

Aus Griechenland, Spanien, Frankreich und weiteren Ländern liegen ebenfalls Berichte von Gedenkveranstaltungen von FIR-Verbänden vor. In Deutschland organisierten in diesen Tagen antifaschistische Kräfte in mehr als 50 Städten öffentliche Gedenkveranstaltungen, teilweise mit Kranzniederlegungen an Gräbern sowjetischer Soldaten oder Kriegsgefangener und andere symbolische Aktionen.

Selbst von einer türkischen Zeitung wurde der Generalsekretär in einem umfangreichen Interview zum Gedenken an den 80. Jahrestag befragt und konnte über die Arbeit der FIR berichten.

Sofortige Beendigung der Gewaltspirale im Nahen Osten

14. Mai 2021

Erneut müssen wir erleben, dass im israelisch-palästinensischen Konflikt Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung in erster Linie die Zivilbevölkerung trifft. Begonnen haben die Auseinandersetzungen vor vielen Tagen mit dem Versuch der weiteren Durchsetzung der von den Vereinten Nationen eindeutig verurteilten Siedlungspolitik, die auf eine Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung in Ost-Jerusalem hinausläuft. Mit der Behauptung von „jüdischen Eigentumsrechten“, die vor 70 Jahren in diesem Gebiet bestanden hätten, wollen nationalistische Siedler palästinensische Bewohner vertreiben. Proteste gegen Zwangsräumungen und Einschränkungen des Besuchs von islamischen Gotteshäusern beantwortete die israelische Regierung mit Repressalien. Nachdem das israelische Militär und andere Sicherheitskräfte die Eskalation in Ostjerusalem über mehrere Tage mit mehreren hundert Verletzten auf Seiten der palästinensischen Bevölkerung vorangetrieben hat, begann die Hamas mit dem Raketenbeschuss auf israelische Städte. Dies wiederum führte zu massivem Bombardement israelischer Luftstreitkräfte auf Gaza, die Zerstörung von ziviler Infrastruktur und andere Stellungen. Beide militärische Maßnahmen können das Problem nicht lösen. Wir appellieren für sofortige politische Gespräche, um die Bedrohung der Zivilbevölkerung zu beenden.

Es ist erkennbar, dass die Regierung Netanjahu diese Auseinandersetzung eskalieren ließ – und das auf dem Rücken der israelischen und der palästinensischen Zivilbevölkerung. Dass er dabei vor allem sein eigenes politisches Überleben im Sinn hat, macht sein Verhalten umso verwerflicher. Nachdem er trotz mehrfacher Neuwahlen nicht in der Lage war, eine eigene Regierungsmehrheit im Parlament zu erreichen, will er mit der Zuspitzung der militärischen Lage – wie es der Historiker Moshe Zimmermann klar analysierte – verhindern, dass seine politischen Opponenten, zu denen auch arabische Israelis gehören, sich zu einer politischen Koalition verbinden können.  

Gleichzeitig will er damit die Biden-Administration drängen, sich – im Sinne der früheren Trump-Politik – für das Konzept von Jerusalem als israelische Hauptstadt zu positionieren, was eine politische Lösung mit der palästinensischen Seite auf Dauer verhindern würde.

Damit ist eine explosive Lage im Nahen Osten entstanden, die nur durch politische Gespräche entspannt werden kann. Denn eines ist klar. Mit diesen Eskalationen wird es keine friedliche Lösung des Konfliktes geben – Beobachter haben Sorgen vor einer dritten Intifada, die erneut viele hundert Opfer unter allen im Nahen Osten lebenden Menschen fordern würde.

Die FIR als „Botschafter des Friedens der Vereinten Nationen“ ruft zur Deeskalation unter Beteiligung der UNO auf. Die Hamas muss die Raketenangriffe auf israelische Städte sofort beenden. Die israelische Armee muss die Angriffe auf Gaza sofort stoppen. Und die politisch Verbündeten müssen der israelischen Regierung deutlich machen, dass sie nicht bereit sind, eine militärische Eskalation zu unterstützen, sondern sich für politische Lösungsschritte einsetzen.

Grußbotschaft der FIR an alle Veranstaltungen zum Tag der Befreiung, zum Tag des Sieges und die Gedenkaktionen „unsterbliches Regiment“ 2021

22. April 2021

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Die Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten grüßt alle Teilnehmenden der Feierlichkeiten zum Tag der Befreiung, zum Tag des Sieges sowie der Gedenkaktionen „unsterbliches Regiment“.

Der 8./ 9. Mai 1945 ist und bleibt für Antifaschisten in allen Teilen der Welt das „Morgenrot der Menschheitsgeschichte“ (Peter Gingold). An vielen Orten der Welt wird dieser Tag würdig begangen. Die Erinnerung an die Opfer der faschistischen Barbarei und die Kämpfer gegen den Faschismus ist für uns alle eine bleibende Verpflichtung.

Damit wenden wir uns gegen alle erschreckenden Versuche der Verfälschung der Geschichte, gegen die Rehabilitierung von SS-Verbrechern als „Nationalhelden“ wie im Baltikum, gegen die Zerstörung von Erinnerungsstätten an die Befreier im öffentlichen Raum wie in Polen oder gegen die Verherrlichung von faschistischen Kollaborateuren wie General Lukov in Bulgarien, Horthy in Ungarn oder Bandera in der Ukraine.

Mit unserer gemeinsamen Erinnerungsarbeit würdigen wir die Menschen, Familienangehörige, Freunde und Verwandte, politische Weggefährte und Persönlichkeiten unserer Länder, die als Partisanen, Widerstandskämpfer und in den Reihen der Einheiten der Anti-Hitler-Koalition ihr Leben für die Freiheit ihrer Heimat und die militärische Zerschlagung der faschistischen Militärmaschinerie gaben.

Wir appellieren an alle: Bewahrt das Gedenken an die Millionen Opfer von Faschismus und Krieg, an die Opfer der Massenvernichtung von Juden, Slawen, Sinti und Roma. Bewahrt die Tradition, die Erinnerung und die Mission des antifaschistischen Widerstandes. Wir treten ein für eine Welt, in der Rassismus, Menschenfeindlichkeit, Nationalismus und Intoleranz keinen Platz haben darf. Gebt die Lehren der Geschichte weiter, damit sie nie vergessen werden, damit ein solches Übel nie wieder geschieht.

In diesem Jahr feiert die Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten ihr 70-jähriges Bestehen. Wir müssen uns der Realität stellen, dass in sehr kurzer Zeit keine Zeitzeugen des antifaschistischen Kampfes mehr am Leben sein werden. Dennoch muss ihr Vermächtnis weitergegeben werden, denn ihre Aufgaben sind noch zu lösen. Deshalb rufen wir den heutigen Generationen zu: Schließt euch der Gemeinschaft der antifaschistischen und Veteranenverbände an.

Günter Pappenheim, Mitglied des Ehrenpräsidiums der FIR, verstorben (1925-2021)

31. März 2021

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Mit großer Trauer haben wir heute erfahren, dass Günter Pappenheim, Überlebender des KZ Buchenwald, erster Vizepräsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora und Kommandos, Vorsitzender der Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald-Dora und Mitglied des Ehrenpräsidiums der FIR im Alter von 95 Jahren verstorben ist.

Als Jugendlicher wurde er verhaftet und in das KZ Buchenwald verschleppt. Sein „Verbrechen“: Er hat für französischen Zwangsarbeitern heimlich die Marseilles auf einer Ziehharmonika gespielt.

Am 19. April 1945 sprach er mit seinen Kameraden den „Schwur von Buchenwald“, der ihm Zeit seines Lebens die politische Richtschnur war: „Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln, Schaffung einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit“.

Nach der Selbstbefreiung des Lagers setzte er sich für einen antifaschistisch-demokratischen Neubeginn in der SBZ und später der DDR ein. Auch nach dem Ende der DDR blieb er seiner antifaschistischen Überzeugung treu. Günter Pappenheims Stimme wurde gehört, seine Aussagen zur Erinnerung an den gemeinsamen Kampf der Häftlinge von Buchenwald hatten Gewicht in der öffentlichen Auseinandersetzung. Das hat er noch einmal sehr deutlich vor einem Jahr – selbst unter den Bedingungen der Corona-Situation – zum 75. Jahrestag der Selbstbefreiung des KZ Buchenwalds am 11. April 1945 gezeigt. 

Geehrt wurde er zuerst im Ausland. Die FIR ernannte ihn zum Mitglied des Ehrenpräsidiums. Der französische Staat ernannte ihn zum Ritter der Ehrenlegion. Erst in den letzten Jahren erfuhr er diese Anerkennung auch in der BRD. Er erhielt den Verdienstorden des Landes Thüringen und in seinem letzten Lebensjahr wurde er noch Ehrenbürger der Stadt Weimar.

Seine Stimme wird bei der Bewahrung des Vermächtnisses der Überlebenden fehlen. Und selbstverständlich fehlt er uns als Mensch mit seiner zugewandten Art, seiner Anteilnahme und Aufmerksamkeit, seinen Hinweisen und Ratschlägen.

Wir drücken seinen Kameradinnen und Kameraden, seinen politischen Weggefährten und insbesondere seiner Frau Margot Pappenheim, unser tiefes Mitgefühl aus. Er bleibt unvergessen.

Seit 100 Jahren: 8. März als Internationaler Frauentag

7. März 2021

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Seit der II. Internationalen Konferenz kommunistischer Frauen 1921 wird der 8. März als Internationaler Aktionstag für die Gleichberechtigung von Frauen begangen. Schon 1910 hatte auf Vorschlag von Clara Zetkin der Internationale Frauenkongress in Stuttgart einen jährlichen Agitationstag für das Frauenwahlrecht beschlossen. Dies wurde mit der Oktoberrevolution in Russland und der Novemberrevolution in Deutschland in zahlreichen Ländern verwirklicht. Im Gedenken an den Streik der Petrograder Frauen 1917, dem Auftakt der Februarrevolution, wurde 1921 der internationale Frauentag nun auf den 8. März festgelegt.

Die FIR und ihre Mitgliedsverbände nehmen dieses Datum zum Anlass, um an den großartigen Beitrag der Frauen in allen Ländern zum antifaschistischen Widerstandskampf zu erinnern. Ihre Rolle war so vielfältig, wie das politische Leben des Widerstandskampfes. Nur einige wenige Beispiele seien genannt:

Jeder kennt die großartige Frau der spanischen Republik, Dolores Ibárruri Gómez genannt La Pasionaria. Sie war Präsidentin der spanischen Cortes. Mit ihren Reden brachte sie viele Spanier, insbesondere Frauen, auf die Seite der Republikaner. Von ihr stammt die Parole „¡No pasarán!“ („Sie werden nicht durchkommen!“). Sie musste 1939 ins Exil gehen und kehrte erst 1977 – politisch ungebrochen – nach Spanien zurück.

Frauen kämpften in den Reihen der bewaffneten Partisanenverbände. In den Partisanengruppen der albanischen und jugoslawischen Befreiungsarmeen gab es eigene Frauen-Bataillone.

Auch in der Sowjetunion kämpften Frauen in den Reihen der Partisanen. Die wohl bekannteste Figur ist Zoia Kosmodemjanskaja. Nach erfolgreichen Einsätzen hinter der Front wurde sie im Alter von 18 Jahren verhaftet, gefoltert und am 29. November 1941 öffentlich hingerichtet. Als dies bekannt wurde, schrieben sowjetische Soldaten auf ihre Bomben und Panzer auf dem Vormarsch nach Westen: „Für Zoia“.

Der jüdische Dichter Hirsch Glik setzte der Litauer Partisanin Vitka Kempner in dem Lied „Schtil, di nacht is ojsgeschternt“ ein künstlerisches Denkmal.

In allen illegalen Strukturen der Widerstandsorganisationen waren Frauen beteiligt. Auch in der Etappe, in der Verbreitung von antifaschistischem Material und in der Versorgung war ihre Rolle bedeutend. Außerdem erledigten sie Aufgaben, die für Männer unmöglich waren. So nahmen z.B. im besetzten Frankreich Frauen gezielt Kontakte zu Besatzungssoldaten auf, um Informationen für die kämpfenden Einheiten des Maquis zu bekommen.

Und wir vergessen nicht die vielen tausend Frauen, die nicht allein im KZ Ravenbrück, sondern in den zahllosen Außenlagern aller KZ und als Zwangsarbeiterinnen vom faschistischen Regime ausgeplündert, misshandelt und ermordet wurden.

Diese verdienstvolle Rolle der Frauen im antifaschistischen Kampf wurde in den vergangenen Jahrzehnten nicht immer in der gebührenden Form gewürdigt. Umso wichtiger ist es, dass wir in der heutigen Zeit – und insbesondere in der Weitergabe der Geschichte des antifaschistischen Widerstands der Völker – die Rolle aller Frauen für das gemeinsame Handeln deutlich machen.

Antifaschismus ist keine Frage des Geschlechts. Aber es gehört zu den Grundlagen antifaschistischer Überzeugung, für eine vollständige Gleichberechtigung und die Würdigung des bedeutenden Beitrags von Frauen im antifaschistischen Handeln damals und heute einzutreten.

In diesem Sinne gratulieren wir allen Frauen zum 100. Jubiläum des Internationalen Frauentags, wünschen ihnen „Brot und Rosen“ und versichern ihnen, dass dieser Tag für die FIR und ihre Mitgliedsverbände eine Verpflichtung für heute und morgen darstellt.

Gedenken der Befreiung von Budapest 1945

13. Februar 2021

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Am Denkmal für die Märtyrer am Donauufer in Budapest organisierte MEASZ ein Pressegespräch, um der Befreiung der Stadt vom Faschismus sowie der im Krieg gefallenen Helden und Opfer zu gedenken. Wegen der Pandemie war MEASZ – anstelle der traditionellen beeindruckenden Kranzniederlegung – dort zusammen mit Vertretern von fünf politischen Parteien anwesend, die gemeinsam den Antifaschisten die Ehre erwiesen.

Während der Gedenkfeier sprachen unter anderem Péter Niedermüller, Bürgermeister des 7. Bezirks der Hauptstadt, im Namen der Partei Demokratische Koalition DK, István Ferenczi, Vorsitzender der Parteiorganisation LMP von Budapest, Präsident Bősz Anett im Namen der Liberalen, Gyula Hegyi, Vizepräsident der Sozialistischen Partei MSZP, und Gábor Erőss, stellvertretender Bürgermeister des 8. Bezirks von Budapest im Namen der Partei Dialog. Vilmos Hanti, Präsident von MEASZ und FIR, der auch eine Botschaft des russischen Verbandes der Veteranen verlas, leitete das Pressegespräch.

Der 8. Mai muss ein Feiertag werden (Esther Bejarano)

28. Januar 2021

In einem Kommentar im deutschen Fernsehen anlässlich des Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust, sagte Esther Bejarano, Musikerin, Antifaschistin und Überlebende des Vernichtungslagers Auschwitz, Mitglied des Ehrenpräsidiums der FIR:

Wo stehen wir in diesem Jahr 76 nach der Befreiung des KZ Auschwitz? Was ist aus unseren Hoffnungen geworden? Wir sind nur noch wenige, wir Überlebende der Konzentrationslager. Wir schweigen nicht. Wir berichten über das, was damals geschah. Werden Bücher, Filme und Erzählungen ausreichen, um die nächsten Generationen zu immunisieren gegen die neuen und alten Nazis, gegen Antisemiten, Rassisten und Verschwörungsideologen?

Aus Worten werden Taten. Wir wissen das. Wir wissen um das braune Netz nach ’45, das laute Schweigen, das Versagen des Staates bei der Entnazifizierung. Für uns ist es unerträglich, wenn wieder Naziparolen gebrüllt und Synagogen angegriffen werden, Todeslisten kursieren, Rechtsextreme in den Parlamenten sitzen. Wiederholt sich Geschichte? Primo Levi, auch Häftling in Auschwitz, hat gesagt: »Es ist geschehen, folglich kann es wieder geschehen.« Wir erinnern, um zu verändern, um unsere Demokratie zu bewahren. Der Schlüssel dazu ist für mich die Jugend. Die müssen wir gewinnen. Ihr seid nicht schuldig für das, was damals geschehen ist, sage ich. Aber ihr macht euch schuldig, wenn ihr nichts von dieser Geschichte wissen wollt.

Was in den Gaskammern endete, begann mit Repression, Ausgrenzung, Rassismus. Das kennen viele der Jungen. Oft höre ich dann: »Frau Bejarano, auch wenn Sie einmal nicht mehr da sind, wir werden Ihre Geschichte immer weiter erzählen.« Das ist meine große Hoffnung! Mit einer Veränderung aber können wir sofort beginnen: Der 8. Mai muss ein Feiertag werden, ein Tag, an dem die Befreiung der Menschheit vom NS-Regime gefeiert werden kann! Und wer Bedenken hat, ob gerade auch Deutsche diesen Tag feierlich begehen sollten, der stelle sich vor: Wie würde die Welt heute aussehen, wenn die Nazis gewonnen hätten?

75 Jahre nach der Eröffnung des Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess fordern wir:

18. November 2020

Stoppt die Auszahlung von SS-Pensionen an belgische Kollaborateure

Es ist ein jahrzehntelanger Skandal, dass die Bundesrepublik Deutschland an militärische Kollaborateure des NS-Regimes, an die Freiwilligen der SS-Verbände, an Freiwilligen von Wehrmachtsverbänden, die zumeist an der Ostfront und auf dem Balkan eingesetzt wurden, Renten wegen Militärdienst in den deutschen Streitkräften zahlt.

Auch wenn die Zahl der Rentenempfänger aus biologischen Gründen am Schwinden ist, bleibt es ein politischer Skandal, dass keine deutsche Bundesregierung bis heute die Rente für Kollaborateure in Frage gestellt hat. Man war sich der politischen Brisanz solcher Zahlungen bewusst. So versteckte sich jede deutsche Regierung bis heute hinter formellen rechtlichen Argumenten, um den Nachbarländern keine Informationen zukommen lassen zu müssen.

75 Jahre nach der Befreiung können und wollen wir diese Hinhaltetaktik nicht mehr akzeptieren.

Wir erinnern daran:

Vor 75 Jahren verurteilte das Nürnberger Hauptkriegsverbrechertribunal nicht nur die verantwortlichen Täter, sondern auch faschistischen Organisationen als kriminelle Vereinigungen. Dazu gehörte die SS mit allen ihren Untergliederungen – und damit auch die Waffen-SS.

Dennoch erhalten Angehörige der SS-Verbände und ihre Kollaborateure Renten für Militärdienst. Verurteilten Kriegsverbrechern wurden sogar Haftstrafen als Dienstjahre für Deutschland angerechnet, was zur Rentenerhöhung beitrug. Laut unseren Informationen wurden solche Berechnungen auch gegenüber in Belgien verurteilten Kollaborateuren angewendet. Da militärischen Kollaborateure 1941 von Hitler die Chance bekamen, die deutsche Nationalität anzunehmen, erklärt sich die deutsche Regierung für nicht zuständig, Informationen über ihre ‚Landsleute‘ an eine ‚fremde Macht‘ – in diesem Fall Belgien – weiterzugeben.

Schon am 14. März 2019 hat die belgische Abgeordnetenkammer mit großer Mehrheit eine Entschließung angenommen, „dass der Bezug von Renten für die Kollaboration mit einem der mörderischsten Regime der Geschichte im Widerspruch zur Erinnerungsarbeit und zum Friedensprojekt der europäischen Einigung steht und den guten bilateralen Beziehungen zwischen Belgien und der Bundesrepublik Deutschland abträglich ist.“ Die Abgeordneten forderten die belgische Regierung auf, „die deutsche Bundesregierung zu ersuchen, die Rentenzahlungen an belgische Kollaborateure einzustellen“. Sie sprachen zudem die erhebliche Differenz zwischen der Entschädigung von Opfern des NS-Regimes sowie Leistungen an belgische Kollaborateure an.

Das belgische Parlament regte an, gemeinsam mit dem Bund sowie dem Land Nordrhein-Westfalen eine wissenschaftliche Kommission einzusetzen, die die Zeit der Okkupation und die Kollaboration untersuchen soll. Diese Entschließung ging auf das langjährige Engagement der „Groep Herinnering – Group Memoire“ (GHGM) zurück.

Heute fordern die „Groep Herinnering – Group Memoire“ (GH-GM) aus Belgien, gemeinsam mit der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) aus Deutschland und der Féderation Internationale des Résistants (FIR) – Association Antifasciste, die Dachorganisation der Veteranenverbände und antifaschistischer Organisation in Europa, endlich diesen Forderungen der belgischen Parlamentarier nachzukommen und die Zahlung von SS-Pensionen einzustellen. Diese Forderungen sind aktuell, wie ein Antrag der Partei Die Linke im Deutschen Bundestag zeigt. Er enthält die gleichen Forderungen wie die belgische Resolution. Wir begrüßen auch die neuen parlamentarischen Initiativen in der belgischen Abgeordnetenkammer zur Realisierung der 2019 verabschiedeten Resolution.

Unterzeichner:

Alvin De Coninck, Dr. Yves Louis, GH – GM, Belgien,

Henri Goldberg, Auschwitz-Stiftung

Detlef Peikert, VVN-BdA Aachen

Dr. Ulrich Schneider, Generalsekretär FIR

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